Der Motor arbeitet
nach dem Viertakt-Prinzip. Die generelle Funktionsweise eines
solchen Motors ist wohl jedem, der sich für Verbrennungskraftmaschinen
interessiert,
bekannt. Dennoch gibt es bei so alten Maschinen einige interessante
Details, die in der heutigen Zeit nicht mehr Stand der Technik und
daher auch nicht mehr geläufig sind. Das
beginnt damit, dass alle rotierenden Teile in Gleitlagern laufen. Die
Schmierung wird entweder durch Ölkanne
bzw. über Tropföler (z.B. Pleuellager und Nockenrad) oder aber durch
Ringschmierlager (beide Kurbelwellenlager) erledigt.
Außergewöhnlich ist auch die Ventilsteuerung. Das gesteuerte, hängende
Einlassventil (oben) liegt dem stehenden Auslassventil (unten) in dem
seitlich an den Zylinderkopf angebauten Gehäuse genau
gegenüber. Es ist also ein gegengesteuerter
IOE-Motor (IOE: Inlet over Exhaust). Der Nachteil einer solchen
Konstruktion ist ein sehr zerklüfteter und verbrauchsungünstiger
Brennraum. Auch wird dieser so groß, dass nur eine sehr geringe
Verdichtung von geschätzten 1:4 erreicht wird!
Während die
meisten Motoren aus dieser Zeit eine Steuerwelle besitzen, arbeitet
hier ein gewaltiger Kipphebel von ca. 1,20 m Länge, der durch ein
Nockenrad betätigt wird. Dieser eine Kipphebel öffnet über ein
angelenktes Gestänge das Einlassventil. In Mittelstellung sind dann
beide
Ventile im Verdichtungs- und Arbeitstakt geschlossen. Nach dem
Auspufftakt schließt das Auslassventil, kurze Zeit danach öffnet
wiederum das Einlassventil und so weiter. Es gibt also keine
Ventilüberschneidung, die bei moderneren Maschinen wegen der besseren
Zylinderfüllung üblich ist. Bei der
geringen Drehzahl von 180 Umdrehungen ist das aber vermutlich kaum
ein Nachteil.
|
Gut zu erkennen ist der Zündmechanismus und die Ventilsteuerung durch
den riesigen Kipphebel. Oben der Öler für die Schmierung des Zylinders
|
Die Zündung ist eine
Niederspannungs-Abreißzündung. Der eingebaute Zündmagnet
besitzt einen Anker, der von einem vom Nockenrad angetriebenen Gestänge
gegen zwei gespannte Federn "aufgezogen" wird. Beim Zurückschnellen des
Ankers wird in der Wicklung im Magnetfeld des Permanentmagneten eine
Spannung
induziert, ein Strom fließt über einen geschlossenen Kontakt im
Brennraum des Motors. Dieser Kontakt wird nun im Augenblick des größten
Stromflusses über ein Gestänge geöffnet, der Strom wird unterbrochen,
wobei ein Zündfunke zwischen den sich öffnenden Kontakten entsteht. Das
Ganze läuft im Niederspannungsbereich ab. Es existiert also auch keine
Zündkerze!
|
Der mit Glimmerscheiben isolierte Zündkontakt
|
Die
Drehzahl wird durch einen Fliehkraftregler konstant gehalten. Bei
Erreichen der Maximaldrehzahl, die zwischen 150 und 180 Umdrehungen pro
Minute mittels eines verschiebbaren Gewichts eingestellt werden kann,
wird der Kipphebel durch eine Sperrklinke bei geöffnetem Auslassventil
festgehalten. Dadurch bleibt automatisch auch das Einlassventil
geschlossen; es wird kein Kraftstoff-Luft-Gemisch angesaugt,
Zündungen bleiben folglich aus. Da das Auslassventil dabei
geöffnet
bleibt, läuft der Motor ohne Kompression nach, bis die Drehzahl
unterschritten wird und der Drehzahlregler den Kipphebel wieder frei
gibt.
Beim unbelasteten Leerlauf geht die Aussetzerregelung so weit, dass auf
eine Zündung bis zu vier Aussetzer kommen!
|
Fliehkraftregler mit Öler für Nockenrad (klein) und Pleuellager (groß)
|
Der
Zylinder wird über einen vom Nockenrad per Lederriemen angetriebenen
Tropföler mit Schmieröl versorgt. Eine Kurbel taucht dabei mit jeder
Umdrehung in den Ölspiegel des Vorratsbehälters ein und streift oben
angelangt jeweils
einen Tropfen am Tropfrohr ab. Das Öl fließt so tropfenweise durch eine
kleine Bohrung in den Zylinder.
|
|
Wo
ist hier die Kühlung?
Die Frage wird regelmäßig bei Vorführungen gestellt. Für den Betrieb
unter Last war früher ein betoniertes Wasserbecken als
Kühlwasserbehälter vorhanden. Über eine Kolbenpumpe wurde das Wasser im
Kreislauf bewegt. Da der Motor im Leerlauf aber den mit etwa 25 Liter
gefüllten Wassermantel des Zylinders in einer Stunde kaum über 60°C
aufheizt, habe ich bisher auf einen Kühlkreislauf verzichtet.
|
|
Wie setzt
man einen Eintopf mit 6,3 Liter Hubraum in Gang?
Es geht einfacher und weniger schweißtreibend als man glauben möchte.
Wer gut schmiert, der gut fährt. Also erst einmal Öler öffnen und
außerdem alle bewegten Teile mit der Kanne ölen. Besondere Beachtung
gilt dem Kolbenbolzen, der als einziges Teil mit seinem Lager
verschlissen war. Dann Luft- und Gasregler einstellen und die
Startvorrichtung am Kipphebel ziehen. Diese stellt die Ventilsteuerung
auf einen Startnocken, welcher eine geringere Zylinderfüllung bewirkt;
damit kommt man mit etwas Schwung über den oberen Totpunkt (also
keine klassische Dekompression zum Schwungholen). Schließlich ein
beherzter
Griff in die Speichen - und der Motor läuft! Eine Kurbel war nie
vorgesehen und ist auch völlig unnötig. Die Überraschung und Freude bei
der ersten Inbetriebnahme war groß, als der Motor auf den ersten Dreher
lief!
|
Man sieht deutlich wo beim Starten am Schwungrad Hand angelegt werden
muss; hier konnte sich Farbe und Linierung nicht halten!
|